Bericht zum Fachgespräch „Berlin wird größer“

Berlin wird größer – mit den neuen Stadtquartieren soll neuer, dringend benötigter Lebensraum für die Berliner*innen geschaffen werden. Am 17. September habe ich deshalb zu einem Fachgespräch eingeladen, um gemeinsam mit Expert*innen aus der Politik und Baubranche und vielen Gästen über die Zukunft Berlins zu diskutieren. Die Veranstaltung hat gegen 18 Uhr mit einem Grußwort von Antje Kapek, Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus Berlin begonnen.
Weitere Gäste waren Dipl.-Ing. Gudrun Sack (Architektin, Mitglied im Vorstand der Architektenkammer Berlin und Mitglied im Netzwerk Architekten für Architekten (AfA)), der bündnisgrüne ehemalige Staatssekretär und Stadtrat Jens-Holger Kirchner, Susanne Jahn (Stadtplanerin und Sprecherin der LAG Planen Bauen Wohnen von Bündnis 90/Die Grünen Berlin), sowie Prof. Dr. Felix Creuzig (Professor für Nachhaltigkeitsökonomie von Siedlungen an der TU Berlin).
Nach dem Grußwort stellte Gudrun Sack ihre Vorstellungen zum steigenden Wachstum und der erforderlichen Qualität vor. Wichtig ist ihr besonders, dass mit Qualität gebaut wird. Bei der Planung geht meist viel Zeit verloren, da hier sowohl auf Qualität als auch auf Partizipation geachtet werden sollte. Zudem liegt ein großes Problem darin, alle Beteiligten an einen Tisch zu bekommen. Sie betonte auch, dass es genug Beispiele in Berlin und dem deutschsprachigen Raum gibt, die gut funktionierende Quartiersplanung zeigen.
Für Jens-Holger Kirchner liegt die Aufgabe als Politiker einerseits darin Mut zu machen und andererseits klare Entscheidungen zu treffen. Er stellte im Folgenden klar, dass es weniger um den Personalmangel geht, sondern mehr um das Fehlen von funktionierender Verbindlichkeit. Zudem muss bei Entscheidungsprozessen zum Wohl der ganzen Stadt entschieden werden, so Kirchner. Die Interessen der einzelnen Bürger*innen sind dabei zwar von großer Bedeutung, trotzdem müssen bei Projekten alle Beteiligten mitgenommen werden. Sein Schwerpunkt liegt momentan besonders im Entwicklungsbereich Nord-West. In diesem Bereich spielt beispielsweise die Verkehrssituation des Siemens Campus eine große Rolle. Zudem betonte er das häufige Anbindungsproblem, dass viele Quartiere betrifft. Die Planung von Quartieren funktioniert nur, wenn der Verkehr mit in Betracht gezogen wird.
Antje Kapek verwies darauf, dass der Runde Tisch zu Beginn einer Projektplanung wieder Standard sein sollte. Auch die Entscheidungen müssten verbindlich sein, am besten für mindestens die nächsten zwei Jahre. Die Verantwortung sollte zukünftig vermehrt bei der bezirklichen Bauleitplanung liegen, da man sich hier am besten mit den Situationen vor Ort auskenne.
Prof Dr. Creuzig erwähnte hier die Studie zum internationalen Transportforum für Mobilität in Städten. Diese zeigt, dass ca. 95 % aller Autos abgeschafft werden könnten, wenn die Mobilität als geteilte Mobilität betrachtet werde.
Für die Stadtplanerin Susanne Jahn braucht es einen Beauftragten in den Städtebauförderungsgebieten, der die Aufgabe hätte, den Überblick zu behalten. Zusätzlich ist es wichtig aus den Städtebaufördergebieten der 90er Jahre zu lernen. In der Vergangenheit ist – so Frau Jahn – auch viel richtig gelaufen. Auf dieses Wissen und diese Erfahrungen muss man verstärkter zurückgreifen. Als Gegenbeispiel nannte sie die Michelangelostraße, da diese zu spät als gesamtes Quartier betrachtet wurde. In Tegel könnte es zu einem ähnlichen Problem kommen, wenn der Bereich nicht als Großbereich Tegel betrachtet werde, so Frau Jahn.
Prof. Dr. Creutzig betrachtet in seiner Arbeit viel mehr die globalen Perspektiven. Beim Klimaschutz geht es um Verkehr, den Wohnungsbereich, sowie das eigentliche Bauen, so Creutzig. Die Regelungen dafür müssen über die Stadtgrenzen hinaus passieren. Außerdem kommt die Mobilitätsplanung bei neuen Projekten oft zu kurz. Sie muss bei neuen Projekten zuerst da sein, erst dann kann die Siedlungsstruktur folgen. Ziel sollte Null Emission im Verkehrssektor bis 2030 sein.
Im anschließenden Publikumsteil gab es die Möglichkeit, eigene Themen anzusprechen. Einige Beispiele hierfür waren die Kleingärten, die immer weniger als Kleingärten genutzt werden und daher langsam aus dem Stadtbild verschwinden. Auch die Fußgänger*innen würden zu oft vernachlässigt werden. Es wurde außerdem der Wunsch formuliert, dass Barrierefreiheit der neue Standard werden solle. Aber auch Naturschutz, sowie urbane Biodiversität sind als zentrale Punkte bei Projektplanung genannt worden.
Nach abschließenden Schlussstatements der Expert*innen, endete die Veranstaltung gegen 20:30 Uhr. Ich bedanke mich für die rege Beteiligung an meinem ersten Fachgespräch und hoffe, dass alle Besucher*innen viel von dieser Veranstaltung mitnehmen konnten.