Grüne Europawochen: Von Stockholm lernen – Eine City-Maut für Berlin?
Der Brexit macht in diesen Tagen wieder deutlich wie uns Nationalismus und Europafeindlichkeit in eine große Unsicherheit stürzen. Auch in Italien werden die Rechten mit ihren europafeindlichen Positionen lauter. Wir Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus verstehen uns als Gegenpol dazu. Aus diesem Grund rufen wir im April und Mai unsere grünen Europawochen ins Leben. Unter dem Motto “Wir für Europa” zeigen wir Landespolitiker*innen Flagge für eine klar proeuropäische Haltung. Unser verkehrspolitischer Sprecher Harald Moritz wirft die Frage auf, ob eine City-Maut nach schwedischem Vorbild für Berlin denkbar ist.
2006 führte Stockholm versuchsweise eine City-Maut ein. Ein halbes Jahr lang sollten die Bürger*innen Stockholms sich mit dem System vertraut machen, um dann in einem Referendum über dessen dauerhafte Einführung abzustimmen. Die politische Motivation für den Versuch war klar und deutlich: weniger Staus in Stockholm. Zu Beginn der Probephase waren 70 % der Bürger*innen gegen die Maut. Bereits am Tag des Referendums sprachen sich 53 % für die Maut aus und nach wenigen Jahren war die Akzeptanz auf über 70 % gestiegen. Was waren die Gründe für diese Entwicklung?
Kurz nach der Probeeinführung der Maut sank die Zahl der Autos, die in die Innenstadt fahren, um bis zu 28 Prozent. Etwa die Hälfte der einstigen Autofahrer*innen wechselte zu öffentlichen Verkehrsmitteln oder bildeten Fahrgemeinschaften. Busse, Einsatzfahrzeuge und Autos von schwerbehinderten Menschen sind von der Maut ausgenommen. Die, die wirklich auf das Auto angewiesen sind, konnten nun also auf leereren Straßen leichter ihr Ziel erreichen. Ganz nebenbei entstehen durch die City-Maut Einnahmen, die zweckgebunden in den weiteren Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs investiert werden können.
Auch andere europäische Städte arbeiten seit Jahren erfolgreich mit der City-Maut. Die Innenstädte werden dadurch leiser, der Verkehr sicherer, und die Luft besser. Der öffentliche Raum wird vielerorts umverteilt, sodass mehr Platz für Rad- und Fußwege geschaffen werden kann. Damit steigt die Lebens- und Aufenthaltsqualität in der Stadt.
Sollten auch wir in Berlin einen Versuch starten und der City-Maut eine Chance geben?
In diesem Jahr führten wir die Liste der Stau-Hochburgen Deutschlands an. Berlin wächst weiter – und damit auch der Verkehr. Ich meine, wir sollten von Städten wie Stockholm lernen und eine offene Debatte über die Einführung einer City-Maut führen.