Rot-Rot-Grün modernisiert das Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG)
Nach sorgfältiger Beratung ist im Parlament das Gesetz (Drs. 18/2787) zur Modernisierung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) auf dem Weg zur endgültigen Beschlussfassung.
Mit dem Gesetz ist es gelungen, dass sowohl die Grund-und Freiheitsrechte, Opferschutz und Transparenz gestärkt, als auch polizeiliche Befugnisse gezielt verbessert werden.
Mit der Novelle werden Befugnisse zur Abwehr terroristischer Straftaten oder ähnlich schwerer Verbrechen neu in das Gesetz aufgenommen. Begleitend dazu erhalten wichtige Vorfeldmaßnahmen gegen Gefährder eigene Rechtsgrundlagen. Wir reagieren damit auf die Gefahrenlagen der vergangenen Jahre. Dazu gehört insbesondere auch ein verbesserter Opferschutz.
Der Entwurf stärkt die Rechte der Bürgerinnen und Bürger und erhöht die Transparenz polizeilichen Handelns. So wird der Unterbindungsgewahrsam auf maximal 48 Stunden verkürzt und der Schutz zeugnisverweigerungsberechtigter Personen und BerufsgeheimnisträgerInnen verbessert. Die Veröffentlichung kriminalitätsbelasteter Orte, an denen ohne Verdacht kontrolliert wird, ist nun im Gesetz geregelt; auch die individuelle Kennzeichnung. Der Einsatz von Vertrauenspersonen und verdeckten Ermittlern muss vom Gericht angeordnet werden.
Schließlich wird erstmalig eine Standardbefugnis zur Regelung für die Umsetzung von Fahrzeugen geschaffen, um mehr Schutz vor rechtswidrig abgestellten Fahrzeugen zu gewährleisten.
Die wichtigsten Neuerungen im Einzelnen:
1. Legitimations- und Kennzeichnungspflicht für Beamte und Beamtinnen im Polizeivollzug § 5 a
Neue gesetzliche Regelung statt wie bisher durch Dienstanweisung. Dies ist erforderlich geworden wegen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes. Eine Änderung der gegenwärtigen Praxis ist damit nicht verbunden.
2. Eilzuständigkeit für den Zoll nach Landesrecht § 8 Abs. 3
Wir erfüllen eine alte Forderung der Bundesbehörde zur Schließung einer Zuständigkeitslücke. Künftig erhält der Zoll eine eigene Eilzuständigkeit nach Landesrecht.
3. Besserer Schutz von Berufsgeheimnisträger*innen § 18 a
Zeugnisverweigerungsberechtigte Personen werden klar vor Eingriffen durch Datenerhebung und -auswertung geschützt.
4. Gefährderansprache; Gefährderanschreiben § 18 b
Neue Spezialnorm zur Regelung der bisherigen Praxis für Hinweise an Gefährder, dass sie polizeibekannt sind und mit gefahrenabwehrenden Maßnahmen rechnen müssen.
5. Streichung des Tatbestandsmerkmals „Verstoß gegen aufenthaltsrechtliche Strafvorschriften“ bei Identitätsfeststellung an KBO in § 21 Abs. 2 Nr. 1 a bb und beim Betreten und Durchsuchen von Wohnungen in § 36 Abs. 4 Nr. 1 b.
Es kann auf verdachtsunabhängige Identitätsfeststellungen in diesem Zusammenhang verzichtet werden.
6. Streichung des Tatbestandsmerkmals „Prostitution“ bei Identitätsfeststellung in § 21 Abs. 2 Nr. 1 b und beim Betreten und Durchsuchen von Wohnungen in § 36 Abs. 4 Nr. 2. Stattdessen Aufnahme der Tatbestände der §§ 177, 180, 180a, 181a, 182, 232, 232a, 232b, 233, 233a des Strafgesetzbuches an denen Identitätsfeststellungen aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte möglich sind.
Befugnis zur verdachtsunabhängigen Identitätsfeststellung, die den Schutz potenzieller Opfer von Straftaten im Deliktsfeld von sexueller Ausbeutung Minderjähriger, Menschenhandel, Zwangsprostitution, Zuhälterei, Zwangsarbeit oder Ausbeutung der Arbeitskraft in den Blick nimmt und sich von der alleinigen Anknüpfung an die Ausübung der Prostitution löst. Die Befugnis zur Identitätsfeststellung wird dabei auf solche Orte beschränkt, an denen tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, schweren Straftaten aus diesen Deliktsfeldern begangen werden oder bereits begangen worden sind.
7. Veröffentlichung der von der Polizei eingestuften kriminalitätsbelasteten Orte („Umschreibung“) und Unterrichtung des Abgeordnetenhauses § 21 Abs. 4.
Hiermit wird dem Interesse an Transparenz und Überprüfbarkeit im Umgang mit KBOs Rechnung getragen.
8. Einführung von Bodycams § 24 c
Zum besseren Schutz von Polizeivollzugskräften, Feuerwehr, Rettungsdiensten und Dritten soll in Berlin der Einsatz von Bodycams ermöglicht werden. Dazu schaffen wir eine Rechtsgrundlage für die Bild- und Tonaufnahmen einschließlich präziser Regeln für die Datenverarbeitung. Auch Betroffene von Polizeimaßnahmen können die Aufzeichnung verlangen und auf die Daten zugreifen. Die Praxis mit diesem Instrument soll spätestens nach zwei Jahren evaluiert werden. Die Regelung tritt nach drei Jahren außer Kraft.
9. Telefonüberwachung zur Gefahrenabwehr § 25 a
Eingriffsbefugnis zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder wenn „Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass innerhalb eines übersehbaren Zeitraums eine terroristische Straftat“ begangen wird. Die Befugnis zur TKÜ entspricht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Wenn zur Vorbereitung der TKÜ erforderlich, ist auch eine Bestandsdatenauskunft oder der Einsatz des Imsi-Catchers möglich. Anordnung sind nur durch die Polizeipräsidentin oder ihre Vertretung im Amt möglich. Die Maßnahme unterliegt dem Richtervorbehalt. Die Praxis der TK-Überwachung soll nach drei Jahren wissenschaftlich evaluiert werden, die Regelung tritt nach vier Jahren außer Kraft.
10. Standortabfrage zu Telekommunikations-Endgeräten § 25 b
Rechtsgrundlage für die Standortabfrage bei den TK-Unternehmen unter den Voraussetzungen des § 25 a Abs. 1.
11. Einsatz von V-Personen nur durch PolPräs und mit Richtervorbehalt § 26 Abs. 4
V-Personen-Einsätze werden – wie bisher schon die verdeckten Ermittler – künftig durch die Polizeipräsidentin angeordnet und aus verfassungsrechtlichen Gründen dem Richtervorbehalt unterstellt.
12. Meldeauflage § 29 f
Spezielle Befugnis zur Regelung der bisherigen Praxis der Erteilung von Auflagen gegenüber potenziellen Straftätern.
13. Verkürzung des Unterbindungsgewahrsams auf max. 48 Stunden § 33 Abs.1 Nr. 3
Die Ingewahrsamnahme auf Verdacht wird aus Gründen des Grundrechtsschutzes von vier Tagen auf höchstens 48 Stunden begrenzt.
14. Bessere Berücksichtigung der Belange trans- und intergeschlechtlicher Menschen bei Durchsuchungen durch Wahlrecht bei berechtigtem Interesse § 34 Abs. 4
Dem Wunsch von Durchsuchungen betroffener Personen, die Durchsuchung von einer Person bestimmten Geschlechts durchführen zu lassen, soll entsprochen werden.
15. Voraussetzungen des Betretens und Durchsuchens von Wohnungen wegen Emissionen nach dem Vorbild Bremens (Streichung des Merkmals „Erhebliche Belästigung der Nachbarschaft“) § 36 Abs. 1 Nr. 2
Nach der bereits praktizierten verfassungskonformen Auslegung der Vorschrift in ihrer gegenwärtigen Fassung darf eine Wohnung nur dann betreten werden, wenn die Lärmbelästigung auch eine Gesundheitsgefährdung gemäß Art. 13 Abs. 7 des Grundgesetzes darstellt. Ausschließlich belästigende Emissionen rechtfertigen den Grundrechtseingriff des Betretens und Durchsuchens von Wohnungen nicht. Dies wird nun im Gesetz klargestellt.
16. Umsetzung und Sicherstellung verkehrswidrig abgestellter Fahrzeuge § 37 a, §§ 3 Nr. 1 m und 7 Nr. 1 m PDieVO
Befugnisnorm für die Polizei und die Ordnungsbehörden selbst oder Beauftragte.
17. Operativer Opferschutz § 41 a
Neue Regelung zum Schutz gefährdeter Personen durch geänderte Identität.
18. Sicherheitsgespräch § 41 b
Neue Spezialnorm zur Regelung der bisherigen Praxis der Information eines möglichen Opfers einer drohenden Straftat.
19. Übernahme der Kosten der Rechtsverfolgung für Polizeibeamte bei Schusswaffengebrauch im Wege der Nothilfe (StGB) § 9 Abs. 4 UZwG
Klare Fürsorgeregelung zur Übernahme der Verfahrenskosten bei Schusswaffengebrauch im Falle einer Notwehr- oder Nothilfelage.